Kapitel 4 
(Februar 2015):

Eine Woche im Leben eines Schulmädchens


Mami hat mich gewarnt, dass ich sie in unserer Hundeschule hier vor Ort, wo mein erster Grundgehorsamskurs am Sonntag Nachmittag startet, nicht zur Versagerin machen soll. Ich war eine der beiden Jüngsten und ich hatte einen guten Ruf zu bewahren. Ich musste eine Art Kontrastprogramm vorführen, um akzeptiert zu werden, also ging ich mit Mami eine halbe Stunde brav spazieren. Mami war happy. Leider hatte unser Trainer das aber nicht mitbekommen. Na, gut, also hab ich auf dem Wege zu dem Feld, wo der Trainer wartete, wie wild an der Leine gezogen, um mit den anderen Welpen zu spielen. War nicht erlaubt. Unglückliche Mami.

Nun hatte Mami mit diesem Kurs Erfahrung, weil sie ihn schon mit Gráinne und Diarmuid gemacht hatte, also nahm sie einen Außenplatz mit mir ein, wo sie mich nur von einem Hund auf einer Seite ablenken musste. Sie wusste außerdem, wie sie mich mit "Bei Fuß!", "Sitz!" und Leckerli beschäftigen konnte, während der Trainer unterrichtete. Den Stoff kannte sie ja auswendig. Erste Übung: Ohne Leineziehen über den Platz und zurück gehen, und zwar zwei Mal. Bis wir dran waren, hatte Mami schon mein Highlight ausgepackt: die Leberwursttube, demzufolge ich an ihrer Seite lief, als ob ich bei Fuß gehen würde. Der Trainer zeigte auf mich und den nächsten Hund und sagte: "Diese beiden haben es am besten gemacht". - Hahahaha. Einige weitere Übungen mit "Bei Fuß", "Sitz!", Leckerli und dann die nächste: Das Gleiche wie vorher, nur dass ich sitzen musste, wenn Mami stoppte. Offensichtlich haben sie nicht mitbekommen, dass ich diesen Tanzschritt selbst erfunden hatte. So konnte ich die Übungswiese mit einem guten Ruf verlassen und Mami wartete noch, bis die anderen Hunde aus dem Wege waren, um dann ihre geduldige Erbse in die Box zu heben und die Heckklappe am Auto zu schließen. Alle, die noch Diarmuids Autoverrücktheiten kannten, waren beeindruckt. Ein Punkt für Róisín.

Am Montag kamen Mami und Daddys Freunde aus Bayern zu Besuch, um mich kennen zu lernen. Sie begleiteten mich zur Welpenschule in Jade, während Mami sich schon vorher bei ihnen dafür entschuldigte, dass ich sicherlich ein schlimmes Verhalten an den Tag legen würde. Erinnerst Du Dich noch an die Teufelshörner in meinen Haaren, als ich 7 Wochen alt war? Irgendwo muss ich sie doch auch mal gebrauchen. Wir fahren rund 80 km hin und 80 wieder zurück nur dafür, dass ich sie zu anderen Hunden ziehen will und sie dumm aussehen lasse (Zu Hause bin ich natürlich ein Engel). Trainerin Annika bestand jedoch darauf, dass wir Fortschritte machen, aber Mami war sich da nicht so sicher. Sie gab Wanda eine Videokamera und bat sie, ein wenig zu filmen. Na, da sollte ich mich doch wohl lieber gut benehmen, wenn dies für die Nachwelt erhalten bleibt. Deshalb konzentrierte ich mich auf Mami (bei einem kleinen Ausflug zu Pudel Dexter, nur um schnell "Hi" zu sagen) und machte meine "Bei Fuß"/"Sitz"/"Lieg"/"Bleib"/"Sitz vor mir"-Übungen, während wir darauf warteten, den Korridortest zu machen: Geh sittsam durch eine enge Gasse, sitz, wenn Mami stoppt (Sie öffnet derweil eine imaginäre Tür), folge ihr durch die Tür und sitz wieder (während sie die imaginäre Tür schließt). Klingt leicht, nicht wahr? Aber bedenke, dass ich da noch nicht ganz 4 Monate alt und erst zwei Mal in diesem Kurs war, während die anderen schon seit Wochen dazu gehörten. Weder Mami noch ich haben das vorher ausprobiert. Außerdem war das erst die Übungssituation, während der tatsächliche Test mit der tatsächlichen Schiebetür noch bevorstand. Annika sagte "Exzellent" und wir hatten bestanden. Mami konnte es kaum fassen. Noch ein Punkt für Róisín! Zum Anschauen gehst Du zu youtube und gibst "Roisin Hoffman" ein

Wanda und Gert waren recht beeindruckt von mir. Wir alle fuhren nach Bremen um mich ans Zug- und Straßenbahnfahren, an Menschenmengen und ans Liftfahren zu gewöhnen. Wir hörten sogar einmal eine Sirene.

Gegen Abend fuhren wir zu einem Restaurant, wo sie Stinte essen wollten, kleine Lachsfische, die jeden Winter für ein paar Wochen die Weser heraufschwimmen. Ich war von dem Tag so erschöpft, dass ich neben Daddys Stuhl einschlief. Ich bekam immerhin mit, dass die Kellnerin mich besonders gern mochte.

An einem dieser Tage kam ich morgens von meinem Trip in den Garten zurück und Mami konnte mich nicht finden, bis sie Wanda und Gert im Gästezimmer kichern hörte. Ich bekam sie an diesem Tag  früh aus dem Bett, indem ich ihnen die Füße und Nasen leckte. An normalen Tagen bekomme ich Mami hoch, indem ich gegen viertel nach sieben in meiner Schlafkiste zu winseln anfange. Dann knurrt sie ein bisschen und bringt mich nach draußen, wo ich all meinen Geschäften nachgehe. Danach darf ich neben ihrem Bett schlafen, bis sie selbst aufstehen will.

Freitag, beim Welpenagility, wurden Mami und ich gelobt, weil wir die Kontaktzonen (2 Füße drauf, 2 unten) so gut beherrschten und ich trottete auch wie verlangt rechts und links um die Hütchen. Annika wollte uns schon mal an die Slalomstangen gewöhnen, auch wenn wir sie erst richtig benutzen dürfen, wenn ich ausgewachsen bin. Den Trick hab ich ziemlich schnell heraus bekommen. Apropos "Trick": ich habe eine Hausaufgabe für meinen Sonntagskurs, nämlich einen neuen Trick zu lernen. Mami hat mir dann innerhalb von 5 Minuten Pfötchen geben ("Gimme five") beigebracht. Ist gar nicht so leicht, immer die Hausaufgaben für gleich drei Kurse zu machen. Im Moment lerne ich gerade, meine Füße auf eine umgedrehte Schüssel zu setzen und mit den Hinterbeinen im Kreis zu gehen - wie ein Elefant im Zirkus!

So ist die Woche mal wieder wie im Fluge vergangen und wir sind zurück bei unserer Heimatschule. Ich überquerte die Hundewiese und zurück, setzte mich, drehte mich um und führte "Gimme five" vor. Dann begann der Trainer mit der Lektion für die Hundehalter - langweilig für einen Wheaten Terrier. Ich vertrieb mir die Zeit damit, dass ich Gras ausrupfte. Danach noch mehr Gras. Mami versuchte, das Gras so schnell wieder reinzustopfen, wie ich es wieder rausrupfte. Schließlich gab es die große Übung des Tages: mit den anderen Hunden im Kreis zu marschieren: ziehen - schnüffeln - ziehen - schnüffeln. Mami war nicht gerade amüsiert.                                  

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